Eine der ältesten Bibliotheken Deutschlands befindet sich in Zwickau. Sie gehört zu den wissenschaftlichen Stadtbibliotheken, die besonders im 15. und 16. Jahrhundert in aufstrebenden, wirtschaftlich bedeutenden deutschen Städten ins Leben gerufen wurden, um deren Unabhängigkeit vom damaligen Bildungsmonopol der Klöster zu dokumentieren.
Die Geschichte der Ratsschulbibliothek ist auf das Engste mit der bereits zum Ende des 12. Jahrhunderts gegründeten Zwickauer Latainschule verbunden. Bedeutende Gelehrte ihrer Zeit, wie Stephan Roth, Georg Agricola, Johann Zechendorf, Christian Daum und Christian Clodius, leiteten als Rektoren diese Schule und nahmen auch wesentlichen Einfluß auf die Entwicklung der Ratsschulbibliothek.
Ein genaues Gründungsdatum dieser Bibliothek ist nicht überliefert, jedoch führt ein erster Existenznachweis bis ins Jahr 1498 zurück. Bereits in der 1537 entstandenen Schulordnung des Rektors Plateanus wird sie als "bibliotheca publica" bezeichnet, was ihre Doppelstellung als Schul- wie auch als wissenschaftliche Stadtbibliothek schon zu dieser Zeit unterstreicht. Damit ist gesichert, daß sie als älteste öffentlich-wissenschaftliche Bibliothek Sachsens gelten kann. Durch die Übernahme kostbarer Nachlässe wurde die Ratsschulbibliothek zur bedeutendsten bibliothekarischen Sammelstätte Westsachsens.
Zu den wertvollsten Beständen an Drucken, Handschriften und Briefen der Reformationszeit gehört die 1546 testamentarisch übereignete Privatbibliothek des Zwickauer Ratsherrn Stephan Roth. Der 1885 neugegründete Altertumsverein von Zwickau bemühte sich in aufopfernder Weise um die Aufarbeitung und Katalogisierung des Bestandes ebenso wie um die Schaffung eines dringend erforderlichen neuen Standortes für die Bibliothek.
Nachdem sich um 1900 die Ratsschulbibliothek endgültig vom Gymnasium trennte, fand sie im Ostflügel des neuerbauten König-Albert-Museums (heute: Städtisches Museum) ihre Heimstatt, wo sie am 1. Mai 1914 den Bibliotheksbetrieb aufnahm. Die Ratsschulbibliothek ist eine rein geisteswissenschaftliche Bibliothek, die ihre Bestandsschwerpunkte in den Sammlungen zur Reformationsgeschichte, Literatur- und Sprachwissenschaft, Regionalkunde sowie Genealogie hat.
Gegenwärtig verfügt die Bibliothek über etwa 120.000 Bände, wobei ca. 75 % dem Altbestand zuzurechnen sind. Über 200 mittelalterliche Handschriften, 1.200 Inkunabeln (Drucke, die vor 1500 entstanden sind), etwa 1.000 alte Musikalien sowie 34.000 Gelegenheitsschriften kennzeichnen die Besonderheiten dieser herausragenden Bibliothek.
Adresse:
Ratsschulbibliothek Zwickau
Lessingstraße 1
08058 Zwickau